Zum Punkt 6 der Themenübersicht:
Die Frage ist nun nicht von der Hand zu weisen: Was heißt eigentlich "Innovation"?
Hier eine Definition des Philosophen und Medienwissenschaftlers Dieter Mersch, der sich in fünf Thesen mit der Frage beschäftigt, was in der Kunst und Kultur überhaupt "Innovation" bedeuten kann. Hier sei seine erste These zitiert:
“Kreativität, kulturelle Innovation und besonders die künstlerische Produktivität wird meist gekoppelt an Erfindungen eines “Neuen”. Die Frage ist, wie Neues als Neues erkannt werden kann, beziehungsweise wie wir es als solches überhaupt verstehen können.
Hintergrund: Neuerungen in Kunst und Kultur werden meist mit Widerstand begleitet. Die frühen Konzerte der Neuen Musik (...) endeten in Prügeleien, ebenso - nach einer Phase des bürgerlichen Unverständnisses und der Ignoranz in Zürich - die Soireen der Dadaisten in Paris. Diese Ablehnungen sind weniger das Zeichen eines Ressentiments, als vielmehr einer systematischen Schwierigkeit, die man “epistemologisch” nennen könnte, und die darin besteht, dass Neues nur verständlich gemacht werden kann, wenn es auf "Altes" zurückbezogen wird, wovon es sich absetzt. Ein radikal Neues, weil unbezogen, ist gar nicht verständlich.
Umgekehrt kann Neues aber auch nicht nur auf der Variation eines “Alten” beruhen ( dasselbe, nur ein wenig anders ), denn dann wäre es kein Neues mehr. Neuheit liegt vielmehr "irgendwo dazwischen", sodass wir es immer mit dem Problem der Interpretierbarkeit zu tun haben. Das Neue ist deshalb notwendig Gegenstand einer Beunruhigung, einer Unsicherheit in Bezug auf die Kriterien und Kategorien, die wir auf es anwenden und mit dem wir es beschreiben können.”
(Kunstforum International Bd. 250 Oktober-November 2017, S.164)
Heutzutage ist nach der Meinung von Norbert Ernst Herrmann das Problem "der Neuheit" in Kunst und Kultur weniger darin zu sehen, dass die Leute sich aufregen, sondern, dass sie es nicht zur Kenntnis nehmen. Die Produktionen sind einfach so vielfältig und massenhaft, dass sie im Mediengetümmel untergehen - das ist das heutige Problem. Wie sich das in der Kunst auswirken kann, - damit setzt sich der Autor im Buch auch auseinander.